Konkrete Wege zum zukunftsfähigen Unternehmen: Die Nachhaltigkeitsstrategie der Badenova kurz erklärt.
Es gibt viele Gründe für Unternehmen verstärkt in Nachhaltigkeit zu investieren. Ebenso viele Möglichkeiten gibt es auch bei der Umsetzung. Doch welche Maßnahmen sind besonders wirksam? Angela Hinel, zuständige Mitarbeiterin im Nachhaltigkeitsmanagement der Badenova, hat uns die Nachhaltigkeitsstrategie des Energiekonzerns im Detail vorgestellt.
Was bedeutet für euch Nachhaltigkeit?
Für uns als Unternehmen bedeutet Nachhaltigkeit eine fortlaufende Entwicklung, die nicht in absehbarer Zeit abgeschlossen sein wird. Häufig beschränkt man sich beim Thema Nachhaltigkeit auf die ökologische Dimension. Mittlerweile fokussieren wir uns verstärkt darauf, dass auch gesellschaftliche und wirtschaftliche Bereiche ebenso nachhaltig gestaltet werden müssen. Daher haben wir unsere Strategie in drei Dimensionen aufgeteilt: Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt. Diese Dimensionen beinhalten jeweils zwei Leitbilder, für die wir wiederum Maßnahmen definiert haben, die zu einer nachhaltigen Umsetzung beitragen.
Über Badenova:
Badenova ist der größte Energie- und Umweltdienstleister im Südwesten. Das Unternehmen entstand 2001 aus der Fusion von sechs regionalen Energieversorgern und befindet sich zu hundert Prozent im Eigentum von Städten und Gemeinden oder deren kommunalen Beteiligungen. Hauptsitz des Unternehmens ist Freiburg, derzeit beschäftigt es 1.550 Menschen. Privatkunden erhalten zu 100 Prozent Ökostrom, inklusive Gewerbekunden liegt der Anteil an erneuerbaren Energien im Gesamtstrommix bei 84 Prozent.
Welche Ziele verfolgt ihr mit eurer Strategie?
Uns geht es darum, durch Maßnahmen und strategische Ziele konkrete Schritte zu mehr Nachhaltigkeit zu unternehmen. Dabei steht über allem unser regionaler Bezug. Unser Handeln soll in der Region sichtbar und spürbar werden und einen Einfluss haben. Wir wollen es nicht bei einem Lippenbekenntnis belassen, um Nachhaltigkeit zu Marketingzwecken zu nutzen. Hierzu haben wir uns bereits 2008 im Rahmen unseres „Regionalen Auftrags“ verpflichtet, den wir gemeinsam mit dem Aufsichtsrat und unseren Gesellschaftern formuliert haben.
Welche Leitbilder ordnet ihr den drei Dimensionen zu?
Für die wirtschaftliche Dimension haben wir die zwei Leitbilder nachhaltige Beschaffung und Kreislaufwirtschaft definiert. Bei der Dimension Umwelt befassen wir uns mit den Themen Biodiversitätsförderung und Klimaneutralität und bei der gesellschaftlichen Dimension geht es um Bewusstseinsbildung der Mitarbeitenden und der Region sowie soziale Vielfalt.
Wie haben sich diese Leitbilder entwickelt?
Wir haben uns an den 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (SDGs) orientiert und uns davon 7 wesentliche Ziele rausgesucht, die für die Badenova eine Rolle spielen. Diese 7 Ziele stecken unseren Handlungsrahmen zu mehr Nachhaltigkeit ab. Hierbei geht es um Wasser, Energie, Infrastruktur, Klima, Biodiversität und nachhaltigen Konsum.
Weiterhin stützt sich unsere Nachhaltigkeitsstrategie auf unseren bindenden Verpflichtungen, welche wir mit regionalen Interessensgruppen freiwillig eingehen. Drei beispielhafte bindende Verpflichtungen möchte ich herausgreifen: Von unseren Gesellschaftern haben wir den „Regionalen Auftrag“ erteilt bekommen, die Energiewende in der Region mit innovativen und nachhaltigen Lösungen umzusetzen. Außerdem haben wir das Klima- und Artenschutzmanifest sowie das Greencycle Manifest der Stadt Freiburg unterschrieben, das uns verpflichtet, nach Prinzipien der Kreislaufwirtschaft zu handeln. Hinzu kommen weitere regionale Konzepte.
So bekommen wir eine Reihe von langfristigen Zielen, die wir erreichen wollen. Zur Erfüllung dieser Ziele haben wir die eben erwähnten Leitbilder erarbeitet, für die jeweils konkrete Maßnahmen für die nächsten 3-5 Jahre festgelegt sind.
Kannst du die konkreten Maßnahmen genauer erklären?
Zur Biodiversitätsförderung haben wir uns vorgenommen, unsere Anlagestandorte und Servicecenter, die uns zur Verfügung stehen, positiv in Bezug auf Biodiversität umzugestalten. Das bedeutet konkret, dass wir in unseren Wasserwerken, Umspannwerken oder auf kleinen Traffohäuschen im urbanen Gebiet Raum schaffen wollen für Blühwiesen, Niststätten und Spontanvegetation.
Beim Leitbild Bewusstseinsbildung schulen wir intern unsere Belegschaft. Wenn alle Beschäftigten der Badenova wissen, wie man eine nachhaltigen Lebensstil führt und dieses Wissen in ihre Familien weitertragen, haben wir bereits eine große Hebelwirkung in der Region.
Wir möchten Maßnahmen ergreifen, um unseren Wert der Vielfalt zu stärken, für ein gesundes und offenes Miteinander. So haben wir beispielsweise eine Kampagne mit den Gesichtern der Mitarbeitenden gestartet, um allen bewusst zu machen: Wir sind alle gleich – und doch unterschiedlich. Zusätzlich führen wir agile Cafés durch, bei denen wir uns zu Werten und Sichtweisen über den Firmenkontext hinaus austauschen.
Beim Leitbild Kreislaufwirtschaft wollen wir uns verstärkt an Recyclingprozessen beteiligen. So haben wir beispielsweise aufgrund eines Neubaus alte Büroausstattungen und IT-Infrastruktur, die nicht mehr benötigt werden, gespendet. Des Weiteren arbeiten wir gerade am Ausbau von Sharing Lösungen mit E-Rollern und Dienstwägen.
Wir wollen unser Material nach definierten Nachhaltigkeitsstandards beschaffen. Allerdings ist es nicht so einfach, bei der Auswahl an Standards einen zu finden, der sich auf jedes Material übertragen lässt. Dabei wollen wir mit unseren Lieferanten eng zusammenarbeiten und uns auf ökologische und soziale Kriterien fokussieren.
Weiterhin begeben wir uns auf den Weg zur Klimaneutralität. Unser Ziel ist es, bis 2035 klimaneutral zu werden. Darunter verstehen wir die CO2-Neutralstellung unserer direkten Emissionen – also für die eigenen Energieverbräuche und Energieeinsätze zur Energieerzeugung (Scope 1 und 2) in den Bereichen Strom- und Wärmeerzeugung, Infrastruktur, Gebäude und Mobilität. Das heißt, wir fangen bei uns selbst an und bauen unsere Standorte energieeffizient um oder statten diese, wo immer möglich, mit zusätzlichen Photovoltaikanlagen aus. Zusätzlich ist es unser Ziel, unseren Kundinnen und Kunden Hilfestellung zu geben, selbst klimaneutral zu werden.
Angenommen ein Unternehmen möchte eine neue Strategie entwickeln, um nachhaltiger zu werden. Welche Ratschläge würdest du den Verantwortlichen geben, um wirksam zu agieren?
Eine Nachhaltigkeitsstrategie sollte möglichst einfach und nachvollziehbar sein. Man sollte sich nicht in Einzelheiten verzetteln, sondern immer einen Blick dafür behalten, wie jeder und jede Einzelne mit einbezogen werden kann. Wir sind froh darüber, dass es uns gelungen ist, unsere Vision in 6 Leitbildern zu definieren, die für jeden Mitarbeitenden im Unternehmen nachvollziehbar sind.
Außerdem sollte man sich stets fragen, wo man die größte Hebelwirkung erreichen kann. Konkret bedeutet das abzuwägen, welche Maßnahmen Chancen darstellen und welche risikobehaftet sind. Seine verfügbaren Flächen mit Blühwiesen zu versehen, beinhaltet beispielsweise ein geringes Risiko aber eine große Chance für die Biodiversität in der Region. Anders sieht es aus beim Thema Klimaneutralität: Wir müssen uns klimaneutral aufstellen, um zukunftsfähig zu bleiben, gleichzeitig kostet uns das Vorhaben enorm viele Ressourcen, die wiederum ein hohes Risiko beinhalten.
Letztendlich muss eine Nachhaltigkeitsstrategie glaubwürdig sein. Ich denke, dass es hierfür wichtig ist, sein Handeln an den eigenen Unternehmenswerten auszurichten. Für uns steht das Thema Regionalität an oberster Stelle und gibt uns gleichzeitig unseren Handlungsrahmen vor. In diesem Kontext würde es für uns wenig Sinn ergeben, Projekte zur Aufforstung des Regenwaldes zu unterstützen. Wir wollen Klima- und Artenschutz hier vor Ort umsetzen. Also müssen wir uns die Frage stellen, was man mit unserem Unternehmen verbindet. Diese Positionierung sollte auch in den entsprechenden Maßnahmen sichtbar werden, um glaubwürdig zu sein und Greenwashing zu vermeiden.
Über die Person:
Angela Hinel hat Sustainable Development in Basel studiert. Bevor sie im Oktober 2020 zur Badenova wechselte, war sie bei der Stadt Freiburg im Nachhaltigkeitsmanagement tätig.
Nachhaltigkeit bedeutet für sie nicht nur eine strategische Ausrichtung – Nachhaltigkeit macht auch einfach Spaß.